In diesen Tagen dreht sich etwas: Politik kann radikal handeln. Was beim drohenden Klimakollaps eher zaghaft war, wird jetzt real: bisher undenkbare Maßnahmen werden verfügt, um ein drohendes Unheil anzuwenden. Dabei waren es wohl weniger die Prognosen der Wissenschaftler, die die Politiker so aufgeschreckt haben, sondern das furchtbare und hilflose Sterben in den Kliniken in Oberitalien. Jetzt hat ein Wettlauf mit der Zeit begonnen. Gewinnen können wir ihn offenbar nur durch Verzicht. Verzicht auf das, was unser gesellschaftliches Leben ausmacht: gemeinsames Feiern, Fußball und Veranstaltungen aller Art. Wir sollen jetzt die Füße still halten, wie man so sagt. Dass wir dabei nicht verhungern und Firmen nicht pleite gehen, dafür will die Regierung sorgen. Doch halten wir das aus, es mal ruhiger angehen zu lassen? Und uns wieder mit uns selbst, mit dem Ehepartner, den Kindern und der Familie zu beschäftigen? In aufgewühlten Zeiten im Ausnahmezustand einander näher zu sein als sonst: das kann nur gelingen, wenn man sich gegenseitig nicht nur notdürftig ertragen, sondern einander zuhören und sich auch mal gegenseitig in Ruhe lassen kann. Damit wird Corona zum Stresstest nicht nur für Politik, Medizin und Wirtschaft, sondern auch für unsere Beziehungen, nicht zuletzt zu uns selbst. Ich ertappe mich selbst, wie ich immer mehr darüber lesen will, was los ist, um es wirklich begreifen zu können. Dabei merke ich, wie es auch in mir Achterbahn fährt … Mir hilft es dann, was aufzuräumen, etwas wieder in Ordnung zu bringen und zu laufen, draußen in der erwachenden Natur mit mir allein, damit bei mir ankommen und sacken kann, was wir gerade erleben. Wo wir alles zurückfahren müssen, was uns lieb und teuer war, dreht die Natur in den nächsten Tagen richtig auf, zeigt uns ihre unbändige Kraft und Schönheit …