Blutspende ist praktizierte Nächstenliebe (Umfrage)

Hamm übertraf sich selbst: noch nie kamen soviele Menschen zum Blutspendemarathon. Über 640 waren es am Sonntag, den 4.2.2018. Sie gehören zu den drei Prozent Blutspendern, die das geben, was 80 Prozent aller Menschen einmal im Leben benötigen. Ich habe sie gefragt, was sie dazu bewegt.

Auf zwei Blutspende-Terminen  an der Pauluskirche und in Bockum-Hövel habe ich Blutspender gefragt, warum sie letztlich wildfremden Menschen etwas geben, was

  • nur freiwillig erfolgen kann auf eigene Initiative hin
  • nicht importiert oder künstlich hergestellt werden kann
  • gespendet wird ohne den Menschen zu kennen, dem die Spende zugutekommen wird
  • dem Spender etwas Zeit kostet, Umstände macht und keinen großen Vorteil bringt

Was die Blutspender dazu gesagt haben:

„Erst wollte ich nur, dass die Ärzte meine Blutgruppe kennen, damit sie mir bei einem Unfall sofort helfen können, wenn jede Sekunde zählt. Inzwischen spende ich regelmäßig Blut. Dies ist heute meine 26. Blutspende und als Stammzellenspender bin ich auch registriert. Es ist ein schönes Gefühl, Menschen helfen zu können. Auch meine Eltern sind stolz auf mich, weil ich Blut spende.“

Artjom Wins (40), geb. in Russland, befragt am 10.1.2018 im Blutspendebus auf dem Marktplatz an der Pauluskirche

„Ich bin gläubiger Moslem. Unser Prophet sagt „Wenn du einen Menschen rettest, rettest Du die ganze Menschheit“. Wer mein Blut bekommt, ob Mann oder Frau, Moslem oder Türke, das ist mir vollkommen egal. Vor acht Jahren habe ich zum ersten Mal Blut gespendet. Das war in der Moschee in Heessen. Inzwischen spendet auch meine 25jährige Tochter Blut“.

Oktay Sahin (46), am 10.1. auf dem Marktplatz

„Blutspende gibt ein gutes Karma, wirklich! Wenn ich etwas Gutes tue, bekomme ich es irgendwann von irgendwem zurück. So hatte ich nach der letzten Blutspende meinen Autoschlüssel vor einem Baumarkt verloren. Als ich zur Info ging, hatte schon jemand den Schlüssel abgegeben. Ich glaube, dass es Menschen gibt, die einfach aus freien Stücken helfen. Und das ist ein gutes Gefühl für mich.“

Christoph Bolle (22), am 10.1. auf dem Marktplatz

„Es ist ein Geben und Nehmen von Mensch zu Mensch. Jeder will doch leben.“

Sven Weigand (18), am 11.1. in der Kirche Uphofstraße in Bockum-Hövel

„Wenn ich mir vorstelle, wie verzweifelt die Menschen sind, die Blutkrebs haben und eine ganz bestimmte Blutgruppe brauchen und ich habe diese Blutgruppe: dann muss ich doch helfen! So viele Menschen haben krankes Blut. Es heißt, dass 80 Prozent der Menschen irgendwann in ihrem Leben einmal eine Blutspende brauchen – und diesen Menschen möchte ich helfen. Und dass ich das hier kann, tut mir richtig gut.“

Damian Lang (18), am 11.1. in Bockum-Hövel

„Ob ich Angst habe, dass meine Blutspende vielleicht ein ganz übler Mensch bekommt, der nichts für seine Mitmenschen übrig hat? Den Tod hat doch keiner verdient, oder? Ich lächle dann und stelle mir vor, wie glücklich der Empfänger ist, wenn ihm von einem Unbekannten geholfen wird. Blutspende ist eine Art angewandter Nächstenliebe, ja“.

Robert Pawlitzek (33), am 11.1. in Bockum-Hövel

„Es ist schön hier bei der Blutspende in Bockum-Hövel unter lauter freundlichen und hilfsbereiten Menschen. Letztlich sind wir doch alle aufeinander angewiesen. Menschen, die auch so denken, tun meiner Seele gut. Außerdem: Durch das Blutdruckmessen und das Gespräch mit dem Arzt ist die Blutspende auch ein kleiner Gesundheitscheck.“

Elvira Lorke (60), am 11.1. in Bockum-Hövel

Blutspende ist praktizierte Nächstenliebe und jeder Termin eine Gelegenheit, mit wenig Aufwand etwas Unersetzliches und Überlebenswichtiges zu tun. Damit ist jede Spende ein Stück gelebte Mitmenschlichkeit im Wissen um das Leid, dass uns alle treffen kann. In den Statements er Spender kommt dieses grundsätzliche Wohlwollen immer wieder zum Ausdruck.

Damit ist wohl kaum ein anderes ehrenamtliches Engagement so hilfreich und zugleich so praktisch und flexibel wie eine Blutspende. Und jeder Termin lädt uns ein…

Ist das den Empfängern eigentlich bewußt,  dass niemand, kein notleidender Patient und kein helfender Arzt, diese Spende erzwingen kann? Es gibt keinen Anspruch darauf, eine Spende zu bekommen, wenn nicht genug gespendet wurde.

Weder das DRK noch das Krankenhaus oder der Staat können versprechen, dass immer genug Blutspender bereit sein werden. Zur Zeit sind es drei Prozent der Bevölkerung, die Blut spenden. 30 Prozent der Bürger könnten spenden und 80 Prozent werden in ihrem Leben einmal eine Blutspende oder ein Produkt daraus brauchen. Und allein WIR haben es in der Hand, ob geholfen werden kann oder nicht.